BI im Gespräch

„Kooperieren statt zu konkurrieren“

Titelthema | 20.02.2020 | Redaktion
© Verivox Finanzvergleich GmbH

Verivox ist eines der bedeutendsten Vergleichsportale in Deutschland. Das Angebot umfasst inzwischen auch Finanzdienstleistungen. Doch was hat Verivox speziell im Finanzdienstleistungsmarkt vor? Oliver Maier, der als Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH den Bereich Banking beim Vergleichsportal verantwortet, gab im Gespräch mit der BI Auskunft über die Zukunftspläne.

BI// Wie sieht der typische Verivox-Kunde aus?

Maier// Verivox erreicht mit seinem vielfältigen Preis- und Tarifvergleichen ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Zielgruppen. Im Bereich Banking und Finanzen ist der Ratenkreditvergleich das mit Abstand wichtigste Produkt. Hier sind zwei Drittel der Hauptantragsteller männlich. Die Altersgruppe zwischen 30 und 55 Jahren ist weit überdurchschnittlich vertreten. Das vermittelte Kreditvolumen beträgt im Schnitt etwa 14.000 Euro bei einer durchschnittlichen Laufzeit von rund 63 Monaten. Über 15 Prozent unserer Kunden nutzen ihren neuen Kredit, um ein laufendes Darlehen abzulösen. Viele stocken ihren Kredit bei der Gelegenheit noch einmal auf, um sich einen neuen Konsumwunsch zu erfüllen. Bei Umschuldungskrediten liegt der durchschnittliche Kreditbetrag deshalb sogar bei rund 25.000 Euro.

BI// Wie wichtig sind die sicherlich umfangreichen Daten, die Verivox bei der Nutzung seines Angebots erhebt? Welche Rückschlüsse ziehen Sie aus diesen Daten hinsichtlich der Erwartungen der Kunden sowie der eigenen zukünftigen strategischen Ausrichtung?

Maier// Personenbezogene Daten nutzen wir ausschließlich zweckgebunden, um für die Kunden Kreditangebote bei unseren Partnerbanken einzuholen und für die anschließende persönliche Beratung. Anonymisierte Nutzer- und Trafficdaten spielen aber eine ganz entscheidende Rolle für die Optimierung unseres Geschäfts. Ein Team aus Datenanalysten arbeitet permanent daran, den Nutzerstrom auf unserer Seite auszuwerten. Anhand dieser Zahlen testen wir Neuerungen und werten im Live-Betrieb fortlaufend aus: Wo brechen Verbraucher ihren Kreditvergleich oder Kreditantrag ab? Wo haben sie vermutlich Verständnisschwierigkeiten? Welche Varianten funktionieren besser? Für welche Kundensegmente brauchen wir separate Lösungen? Hier binden wir unsere Partnerbanken eng ein, um zielgerichtete Produkte anzubieten.

BI// Wie erfolgt die Auswahl des „besten“ Angebots für den Kunden bei Verivox? Ist hier einfach nur der Preis des Produkts oder der Dienstleistung ausschlaggebend? Wo bleibt da der Qualitätsaspekt?

Maier// Der Nutzer selbst bestimmt, nach welcher Logik die Ergebnisliste sortiert wird. Beim Kreditvergleich steht in der Grundeinstellung das Kreditangebot mit dem günstigsten Einstiegszins oben. Die Ergebnisse können aber beispielweise auch nach der Höhe des Zwei-Drittel-Zinses sortiert werden und der Kunde kann Kredite mit kostenloser Gesamttilgung oder Ratenpause gesondert herausfiltern. Bei den meisten Kunden erfolgt die Entscheidung für ein bestimmtes Kreditangebot aber ohnehin erst an einem späteren Punkt, wenn sie nicht mehr nur die allgemeinen Konditionen, sondern individuelle Kreditangebote von mehreren Banken vorliegen haben.

Auf dieser Basis findet dann die persönliche Beratung durch die Verivox-Kreditexperten statt. Dabei haben wir immer die persönliche Situation des Kunden im Blick. Der angebotene Zinssatz ist ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des optimalen Angebots. Aber auch die übrigen Konditionen können ausschlaggebend sein – beispielsweise besonders flexible Tilgungsoptionen oder die aktuelle Bearbeitungsgeschwindigkeit der Bank. Außerdem entscheiden sich viele Kunden für eine Bank, die sie bereits kennen, auch wenn andere Angebote noch etwas günstigere Zinsen bieten.

BI// Sehen Sie sich als Bank oder eher als Fintech?

Maier// Wir sehen unsere Rolle nicht als Anbieter von Bankprodukten und -dienstleistungen. Unsere Kunden sollen mithilfe von Verivox in unübersichtlichen Märkten einfach, schnell und komfortabel ein günstiges Angebot finden und dadurch Geld sparen. Dafür konkurrieren wir nicht mit Banken, wir kooperieren mit ihnen. Allerdings sehen wir uns absolut auch als Fintech. Schließlich arbeiten wir daran, mit modernen Technologien den Bereich der Finanzdienstleistungen zu verändern. Unsere Multi-Bank-App Outbank ist sogar eines der Ur-Fintechs in Deutschland.

BI// Welche Strategie verfolgt Verivox im Bereich der Finanzdienstleistungen? Gibt es Pläne, die Dienstleitungspalette hier auszubauen?

Maier// Aktuell konzentrieren wir uns sehr stark auf den Ausbau unseres Kreditgeschäfts. 2019 haben wir unser vermitteltes Kreditvolumen verdoppelt. Ein ähnliches Wachstum streben wir auch für 2020 an. Dafür werden wir massiv investieren – erstens in Menschen. Der Ausbau unserer Beratungsressourcen sowie die permanente Aus- und Weiterbildung unserer Kreditberater sind ein absolut zentrales Element unserer Wachstumsstrategie. Aber zweitens wollen wir auch in das Marketing investieren: Verivox hat schon eine sehr starke Markenbekanntheit. Aber noch bringt nicht jeder die Marke mit Vergleichen rund um Finanzen in Verbindung. Hier haben wir noch großes Potenzial. Dabei profitieren wir stark von der Konzernzugehörigkeit zur ProSieben-Sat.1 Group und ihrer medialen Power. Drittens investieren wir in Technologie: Onlinekredite zu vergleichen, soll in Zukunft nicht komplizierter sein als ein Amazon-Einkauf. Digitalisierung und Innovation sind die Schlüssel, damit diese Vision Realität wird.

BI// Und wie sieht dies dann beispielsweise aus?

Maier// Verivox bietet seinen Kunden zum Beispiel neuerdings die Möglichkeit, dass wir den Großteil des Onlineformulars für ihre Kreditanfrage automatisch vorausfüllen. Wir nutzen dazu den digitalen Blick ins Konto nach PSD2. Dabei werden aus den Konto umsätzen alle für die Anfrage relevanten Daten automatisiert ausgelesen und mit intelligenten Logiken in das Antragsformular übertragen. Das macht die Kreditanfrage schneller und komfortabler. Im Ergebnis schließen die Kunden, die den digitalen Kontoblick nutzen, ihre Kreditanfrage 35 Prozent häufiger ab als Kunden, die alle Daten von Hand eintragen. Digitalisierung, wie wir sie ver stehen, hilft dem Kunden – und damit natürlich auch uns.

BI// Wo sehen Sie Ihre Vorteile gegenüber klassischen Banken?

Maier// Unser Vorteil ist der breite Marktvergleich. Keine Bank kann für jeden Einzelfall Top-Konditionen anbieten. Durch den Vergleich zahlen Verivox-Kunden im Schnitt 35 Prozent weniger Zinsen als Kreditnehmer im Bundesdurchschnitt. Zudem schätzen sie die Möglichkeit, alles komfortabel von zu Hause zu erledigen, wann sie es wollen – auch außerhalb der Öffnungszeiten einer Bankfiliale. Und das, ohne auf eine persönliche Beratung verzichten zu müssen.

BI// Welche Rolle spielen traditionelle Kreditinstitute für Verivox? Sind diese eher Partner oder eher Konkurrenz? Oder beides zugleich?

Maier// Eindeutig Partner. Denn unsere Kunden erwarten von uns einen möglichst breiten Anbietervergleich. Deshalb ist es unser Ziel, auch in Zukunft weitere Partner für unseren Kreditvergleich zu gewinnen. Wer bereit ist, sich dem transparenten Konditionenvergleich mit der Konkurrenz zu stellen, der ist für uns ein potenzieller Partner und für den können wir ein attraktiver Vertriebskanal sein. Leider spielen derzeit regionale Kreditinstitute noch eine untergeordnete Rolle, da die technische Infrastruktur eine direkte Zusammenarbeit oftmals noch nicht ermöglicht.

BI// Plant Verivox auch eine Banklizenz – wie beispielsweise Check24 – zu erwerben?

Maier// Derzeit sehen wir hier keinen Handlungsbedarf. Im Sinne der Unabhängigkeit und des neutralen Vergleichs fokussieren wir uns auch weiterhin voll auf unsere Rolle als Vermittler, statt selbst Produktanbieter zu werden. Wir sehen uns als Partner und attraktiver Vertriebskanal für Banken und nicht als Substitut auf Produktebene. Durch smarte Partnerschaften in einer Welt der Plattformökonomie lassen sich die Vorteile, die eine Banklizenz mit sich bringt, auch auf anderem Wege realisieren.

BI// Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Verivox und einer klassischen Bank?

Maier// Wir vermitteln unseren Partnerbanken fertig unterschriebene Kreditverträge und nehmen ihnen die vorgelagerte Kundenakquise und -beratung komplett ab. Wenn nach dem Einreichen des unterschriebenen Vertrags und der geforderten Unterlagen noch etwas fehlt, übernehmen wir die gesamte Kommunikation mit dem Kunden. Für diese Leistung erhalten wir eine marktübliche Provision in Form eines Anteils am vermittelten Kreditvolumen.

BI// Warum würden Sie einer Genossenschaftsbank empfehlen, mit Verivox zusammenzuarbeiten?

Maier// Wir bieten jeder Bank einen interessanten neuen Vertriebskanal mit dynamischem Wachstum, um den hauseigenen On- und Offlinevertrieb schlagkräftig zu ergänzen. Die Zusammenarbeit erfolgt ohne Kundenschutz – die Genossenschaftsbank kann den über Verivox vermittelten Kredit also als Anker für den Ausbau einer breiteren Kundenbeziehung nutzen. Die Akquisekosten sind zudem komplett performance-basiert – und damit mit deutlich geringerem Risiko versehen als bei eigenen Marketingaktivitäten im Internet. Darüber hinaus bietet Verivox zahlreiche Services an, mit denen eine Genossenschaftsbank die eigene Attraktivität für ihre Kunden steigern kann. Banken können beispielsweise Strom- oder Gasanbietervergleiche für die Region auf ihren Webseiten integrieren oder die automatische Vertragserkennung im Onlinebanking mit integrierter Kündigungs-, Vergleichs- und Wechselfunktion implementieren. So kann der Kunde viel Geld bei Verträgen rund um den Haushalt sparen und die Bank partizipiert über einen Anteil an der Vermittlungsprovision.

BI// Wie sieht aus Ihrer Sicht die Finanzdienstleistung der Zukunft aus?

Maier// Die Beschäftigung mit Angeboten und Verträgen rund um die eigenen Finanzen ist für viele Kunden heute noch stressig, denn sie ist von Unsicherheit geprägt. Habe ich wirklich ein gutes Produkt gefunden? Zahle ich zu viel für meinen Kredit oder mein Konto? Welche Leistungen kann ich im Gegenzug erwarten? Diesen Stress wollen wir unseren Kunden abnehmen. Genau dies wird auch die Finanzdienstleistung der Zukunft definieren. Finanzprodukte und Dienstleistungen selbst werden sich vermutlich nicht so schnell verändern, aber die Art und Weise, wie wir sie in Anspruch nehmen. Auswahl und Abschluss erfolgen viel integrierter und damit einfacher, schneller und komfortabler für den Kunden. Immer mehr Verbraucher nutzen heute schon Alltagsbegleiter wie unsere Multibanking-App Outbank, um ihre Finanzen zu optimieren. Dank intelligenter Daten werden wir unseren Kunden über diesen Kanal künftig Angebote vorschlagen können, die individuell auf ihre aktuelle Lebenssituation zugeschnitten sind. Nach einem Umzug erhalten Kunden dann zum Beispiel ein Angebot für einen günstigen Stromvertrag oder ein Kreditangebot zur Finanzierung der neuen Einbauküche, das sie dann mit nur einem einzigen Klick abschließen. Ganz ohne Stress und genau dann, wenn sie es brauchen.

BI// Herr Maier, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.



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