Geldentwertung

Inflation auf tiefstem Stand seit Kriegsbeginn - "Im Sinkflug"

Berlin | 28.09.2023 | Reuters

Kaum noch steigende Energiepreise haben die Inflationsrate im September auf den niedrigsten Stand seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine vor rund anderthalb Jahren gedrückt. Die Verbraucherpreise legten nur noch um durchschnittlich 4,5 Prozent zum Vorjahresmonat zu, nach 6,1 Prozent im August, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit Februar 2022 mit damals 4,3 Prozent, als der russische Überfall begann und zunächst die Energiepreise stark nach oben trieb. Dazu trugen Sondereffekte wie das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt aus dem Sommer vorigen Jahres bei, die nun aus dem statistischen Vergleich herausfielen.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 4,6 Prozent gerechnet. Von August auf September zogen die Preise jedoch an, und zwar um 0,3 Prozent.

„Die Inflation geht in den Sinkflug über“, sagte DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. „Auch in den kommenden zwei Monaten wird sich die Teuerung ähnlich verlangsamen wie im September.“  Wesentlicher Treiber seien die Energiepreise. „Von dem schlagartigen Rückgang der Teuerung geht eine wichtige Signalwirkung für den Erfolg der Inflationsbekämpfung aus“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Das könne dazu beitragen, den Preisauftrieb in den kommenden Monaten kontinuierlich abzuschwächen, wenn Verbraucher und Unternehmen unter dem Eindruck der positiven Nachrichten ihre Inflationserwartungen nach unten korrigierten.

Grund für den deutlichen Rückgang im zu Ende gehenden Monat ist ein sogenannter statistischer Basiseffekt: Die Bundesregierung hatte von Juni bis August 2022 den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket eingeführt, um die Verbraucher zu entlasten. Dieses gesenkte Niveau fällt nun aus dem Vorjahresvergleich heraus, was den kräftigen Rückgang der Teuerungsrate erklärt. „Die verzerrenden Effekte des 2022er-Entlastungspaketes sind damit aus den Zahlen verschwunden“, sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch.

„Schneller steigernde Löhne könnten Inflation anfachen“

Größter Preistreiber blieben Nahrungsmittel, die 7,5 Prozent mehr kosteten als im September 2022 (August: +9,0). Energie verteuerte sich nach dem Wegfall des Tankrabattes nur noch um 1,0 (August: +8,3) Prozent. Dienstleistungen kosteten 4,0 (August: 5,1) Prozent mehr – dazu trug der Wegfall des 9-Euro-Tickets bei. Auch die sogenannte Kerninflationsrate, bei der die stark schwankenden Nahrungsmittel- und Energiepreise außen vor bleiben, gab nach: von 5,5 auf 4,6 Prozent.

„Trotzdem ist es für eine Entwarnung viel zu früh“, gab Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer zu bedenken. „Denn die schneller steigenden Löhne werden die Inflation bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen anfachen.“ Hinzu kämen noch De-Globalisierung, De-Karbonisierung und eine ungünstige Demografie. Für den Durchschnitt der kommenden Jahre sei daher mit Teuerungsraten deutlich über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent zu rechnen. Die Währungshüter haben ihre Leitzinsen im Kampf gegen die Inflation auf 4,5 Prozent hochgeschraubt – das höchste Niveau seit Beginn der Währungsunion 1999.

„An der Preisfront entspannt sich die Lage“

Der Bundesbank zufolge dürfte die Teuerung „im Jahresverlauf weiter abnehmen“. Die deutlichen Rückgänge auf den vorgelagerten Stufen – etwa Import-, Erzeuger- und Großhandelspreise – dürften nach und nach an die Verbraucher weitergereicht werden. „Dennoch dürfte die Inflationsrate vor dem Hintergrund eines robusten Lohnwachstums auch mittelfristig deutlich oberhalb von zwei Prozent liegen“, erwartet die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht.

Die führenden Institute gehen in ihrer Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung davon aus, dass die Teuerungsrate im kommenden Jahr auf 2,6 Prozent fallen wird, von durchschnittlich 6,1 Prozent im zu Ende gehenden Jahr. 2025 soll sie dann bei 1,9 Prozent liegen. „An der Preisfront entspannt sich die Lage nach und nach“, heißt es in der Herbstprognose mit dem Titel „Kaufkraft kehrt zurück – Politische Unsicherheit hoch“. „Mittlerweile haben die Löhne auf die Teuerung reagiert, so dass die Kaufkraft der Beschäftigten wieder steigen wird“, erklärten die Institute. Dies stabilisiere den privaten Konsum.


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