Bundesbank warnt vor Risiko größerer Marktkorrektur bei Aktien und Anleihen
Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben sich laut der Bundesbank erhöht. Sie verweist auf Herausforderungen durch geopolitische Spannungen, Handelskonflikte und zunehmende Staatsverschuldung. „Die deutsche Wirtschaft sieht sich strukturellen Herausforderungen gegenüber und die hohen Bewertungsniveaus auf den Aktien- und Anleihemärkten bergen das Risiko größerer, plötzlicher Marktpreiskorrekturen“, warnte Bundesbankvorstandsmitglied Michael Theurer am Donnerstag bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2025.
Die Risiken im Kreditgeschäft der deutschen Banken nehmen dem Bericht zufolge seit einiger Zeit zu und könnten im Zusammenhang mit den konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen perspektivisch weiter steigen. Die Quote notleidender Kredite ist dem Bericht zufolge seit Ende 2022 kontinuierlich gestiegen. Anfangs war demnach vor allem der Gewerbeimmobiliensektor betroffen, inzwischen erfasst die konjunkturelle Schwäche weitere Sektoren?–?wenn auch in geringerem Maße. Banken sind zudem Marktrisiken aus Anlagen in Staatsanleihen ausgesetzt für den Fall, dass sich deren Preise angesichts der hohen staatlichen Schuldenstände in Europa schlagartig ändern sollten. Theurer erklärte, zunehmende Staatsausgaben und eine wachsende Zinsbelastung beeinträchtigten die Schuldentragfähigkeit in einzelnen Ländern. Aufgrund der engen Verflechtung des deutschen mit dem europäischen Finanzsystem und des sogenannten Staaten-Banken-Nexus könnten sich daraus erhebliche Risiken für die Stabilität des deutschen Finanzsystems ergeben.
Lage im Gewerbeimmobiliensektor fragil
Im Fokus steht derzeit insbesondere Frankreich, wo sich Premierminister Sebastien Lecornu mit einer Minderheitsregierung um eine Haushaltssanierung bemüht. Die Neuverschuldung liegt seit Jahren über der EU-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Präsident Emmanuel Macron hat innerhalb von weniger als zwei Jahren fünf verschiedene Premierminister damit beauftragt, das Defizit zu senken und die Staatsfinanzen wieder ins Lot zu bringen. Die Etatkrise führte mittlerweile zu Herabstufungen der Kreditwürdigkeit durch mehrere Ratingagenturen. „Während Deutschland trotz steigender Schuldenquote als solide aufgestellt gilt, bestehen in anderen Euroländern größere Probleme bei der Schuldentragfähigkeit“, sagte Theurer.
Alles in allem deuteten die Entwicklungen bei Vermögenspreisen und Kreditvergabe auf einen Aufschwung des Finanzzyklus hin, wenngleich die weitere Entwicklung ungewiss sei. Einige Verwundbarkeiten wie Überbewertungen von Wohnimmobilien haben sich laut der Bundesbank abgebaut. Im deutschen Gewerbeimmobiliensektor bleibe die Lage hingegen fragil.
Unlängst warnte die Notenbank in London mit Nachdruck vor Risiken für die globalen Finanzmärkte. Diese könnten einbrechen, wenn sich die Stimmung der Anleger hinsichtlich der Aussichten für Künstliche Intelligenz (KI) oder wegen Sorgen um die Unabhängigkeit der US-Notenbank Federal Reserve eintrübe, erklärte die Bank of England (BoE). Die Aktienbewertungen an den US-Märkten ähnelten in einigen Kennzahlen denen nahe dem Höhepunkt der Dotcom-Blase nach der Jahrtausendwende.