Konjunktur

Erstmals seit Finanzkrise 2009 wieder mehr Firmenpleiten

Berlin | 17.03.2023 | Reuters

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im vergangenen Jahr erstmals seit der Finanzkrise 2009 gestiegen, die befürchtete Pleitewelle aber ausgeblieben. Den Amtsgerichten wurden 14.590 Insolvenzen gemeldet und damit 4,3 Prozent mehr als 2021, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. 2021 war allerdings auch mit 13.933 Fällen begünstigt durch Sonderregelungen wegen der Corona-Krise der niedrigste Wert seit Einführung der Insolvenzordnung 1999 registriert worden.

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf rund 14,8 Milliarden Euro. 2021 hatten sie noch bei rund 48,3 Milliarden Euro gelegen. „Dieser Rückgang der Forderungen bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist darauf zurückzuführen, dass im Jahr 2021 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz betragt haben als im Jahr 2022“, so die Statistiker.

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Baugewerbe mit 2698 Fällen (+11,3 Prozent), die unter steigenden Material- und Zinskosten leidet. Es folgte der Handel mit 2239 Verfahren (+5,5 Prozent). Gleichzeitig wurden 16,6 Prozent weniger Verbraucherinsolvenzen registriert.

Baubranche mit höhrem Risiko

Höhere Produktionskosten, wachsende Personalausgaben, deutlicher Zinsanstieg: Wegen der schwierigen Rahmenbedingungen sagen Experten künftig mehr Firmenpleiten voraus. „Trotz hohem Zinsniveau, dem immer noch andauernden Ukraine-Krieg und der Verunsicherung in der Finanzwirtschaft erwarten wir für 2023 allenfalls einen moderaten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen“, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID), Christoph Niering. „Für einzelne Branchen, wie etwa der Baubranche, werden die Insolvenzrisiken allerdings allein schon aufgrund des Zinsanstiegs deutlich größer ausfallen.“ Wie bereits in der Corona-Pandemie beschleunigen in einigen Branchen auch die wirtschaftlichen Folgen des russischen Krieges gegen die Ukriane den allgemeinen Veränderungsprozess. „Gerade der Einzelhandel mit der erneuten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof ist hierfür ein deutliches Beispiel“, sagte Niering.

Die Zahlungsmoral in Deutschland hat sich derweil einer Studie zufolge merklich verschlechtert. Rechnungen wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich vier Tage später bezahlt als 2021 – nach durchschnittlich 49 Tagen, wie der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade herausfand. „Den Deutschen sagt man seit jeher eine gute Zahlungsmoral nach“, sagte Milo Bogaerts, Chef von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Die aktuellen Zahlen bestätigen diesen Ruf auch in diesen schwierigen Zeiten.“ Die deutschen Unternehmen bezahlten ihre Rechnungen zehn Tage schneller als im weltweiten Durchschnitt und eine Woche früher als Unternehmen in den europäischen Nachbarländern. „Das ist ein ziemlich eklatanter Unterschied – aber keine Garantie.“


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