Kommunen erstmals seit 2011 mit Defizit - "Ausgaben steigen stärker"
Höhere Sozialausgaben, steigende Personalkosten, wachsende Zinslast: Die deutschen Kommunen haben im vergangenen Jahr erstmals seit 2011 wieder rote Zahlen geschrieben. Die Gemeinden und Gemeindeverbände – ohne Stadtstaaten – wiesen ein Defizit von 6,8 Milliarden Euro auf, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. „Von 2011 bis 2022 hatten sich durch eigene Steuereinnahmen und Zuweisungen von Bund und Ländern, die während der Corona-Pandemie zeitweilig zur Unterstützung der Kommunen erhöht wurden, stets Finanzierungsüberschüsse ergeben“, hieß es dazu. 2022 verzeichneten sie noch einen Überschuss von 2,6 Milliarden Euro.
„Die Ausgaben steigen deutlich stärker als die Einnahmen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, André Berghegger. „Maßgeblich dafür sind die weiter wachsenden Sozialleistungen, die auf den Schultern der Kommunen lasten, die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst aus 2023 und die stark ansteigenden Zinsausgaben.“ Bei gleichbleibend hohen Ausgaben im Sozialbereich werde sich an der defizitären Situation der kommunalen Haushalte in absehbarer Zeit auch nichts ändern.
„Wenn der Bund nun auch noch mit immer weiteren neuen Leistungsversprechen weitere Umsetzungskosten für die Kommunen erzeugt, werden die Städte und Gemeinden aus dem Finanz-Tal nicht herauskommen“, sagte Berghegger. „Und das bedeutet im Klartext: kein Handlungsspielraum für Investitionen.“ Die Infrastruktur bröckele, bei Straßen und öffentlichen Gebäuden bestehe hoher Sanierungsbedarf, Schulen und Sportstätten seien in einem schlechten Zustand.
Sozialausgaben als Treiber
Die Ausgaben stiegen im abgelaufenen Jahr um 12,0 Prozent auf 364,9 Milliarden Euro. „Treiber der Ausgabenseite waren vor allem die Sozialausgaben“, hieß es dazu vom Statistikamt. Sie stiegen um 11,7 Prozent auf 76,0 Milliarden Euro. Hauptgrund dafür waren die zum 1. Januar 2023 erhöhten Regelsätze für das Bürgergeld und für die Sozialhilfe. Aber auch die Berechtigung von Schutzsuchenden aus der Ukraine zum Bezug von Bürgergeld trug dazu bei. Im Gegenzug sanken die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz um 7,9 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro.
Die kommunalen Leistungen entfielen den Angaben zufolge zum größten Teil auf Unterkunft und Heizung. Sie waren in der Folge auch erheblich vom Anstieg der Energiepreise betroffen. Die Leistungen lagen mit einem Plus von 14,7 Prozent deutlich höher als im Vorjahr und summierten sich auf 14,8 Milliarden Euro. Im Gegenzug stieg die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung um 19,0 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro.
Neben den Sozialleistungen wuchsen auch andere Ausgabearten kräftig. In den Kernhaushalten stiegen die Personalausgaben um 7,4 Prozent auf 80,9 Milliarden Euro, was vor allem auf den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst zurückzuführen ist – insbesondere auf die Sonderzahlung zum Inflationsausgleich. Die laufenden Sachaufwendungen stiegen um 8,2 Prozent und die Sachinvestitionen um 12,3 Prozent, was den Angaben nach auch auf die allgemeine Teuerung zurückzuführen ist. Die Zinsausgaben der Kernhaushalte schnellten um 37,4 Prozent nach oben, was auf höhere Zinssätze zurückgeht.
Die Einnahmen der Kommunen legten um 9,0 Prozent auf 358,1 Milliarden Euro zu, konnten damit aber den Anstieg auf der Ausgabenseite nicht ausgleichen. Das Steueraufkommen wuchs netto um 7,3 Prozent auf 130,3 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer stiegen dabei stärker als erwartet um 7,3 Prozent.