Deutsche Inflation unverändert 2,1 Prozent - EZB dürfte Zinsen senken
Die Inflationsrate in Deutschland tritt im Mai auf der Stelle. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 2,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am 30. Mai zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Auch im April waren die Verbraucherpreise um 2,1 Prozent gestiegen. Von April auf Mai kletterten sie um 0,1 Prozent. Die Inflation befinde sich weiter im Entspannungsmodus, sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Das dürfte mit Blick auf die US-Zollpolitik und die Euro-Festigung vorerst auch so bleiben.“ Es fehle nicht mehr viel „und die Inflationsrate rutscht demnächst sogar unter 2 Prozent“.
Deutlich billiger wurde Energie: Sie kostete 4,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor (April: -5,4 Prozent). Ein Grund dafür sind fallende Weltmarktpreise für Rohöl. Diese haben ihre Ursache in dem von US-Präsident Donald Trump losgetretenen Handelskrieg, der Ökonomen zufolge die Weltwirtschaft belastet und damit die Nachfrage nach Öl dämpfen dürfte. „Den nächsten richtigen Inflationsstress gibt es wohl erst dann, sollte die EU ebenfalls Zölle erhöhen“, sagte Krüger.
Kerninflation sinkt leicht auf 2,8 Prozent
Preistreiber blieben die Nahrungsmittel. Diese verteuerten sich um 2,8 (April: +2,8 Prozent). In Nordrhein-Westfalen verteuerten sich etwa alkoholfreie Getränke um 8,9 Prozent und Obst um 8,6 Prozent. In Sachsen kostete Kaffee fast 24 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Dienstleistungen kosteten 3,4 Prozent mehr (April: +3,9 Prozent), während sich Waren um 0,9 (April: +0,5) Prozent verteuerten. Die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, oft als Kerninflation bezeichnet, sank auf 2,8 (April: +2,9) Prozent. Das sei hartnäckig über der EZB-Zielmarke und ein „gewaltiger Schönheitsfehler“ der Inflationsdaten, sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer.
Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Währungsraum ist zwei Prozent. Die nach europäischen Standards berechnete deutsche Teuerungsrate liegt aktuell mit 2,1 Prozent noch leicht darüber. Die Währungshüter haben wegen des nachlassenden Preisdrucks zuletzt sieben Mal in Folge ihren Leitzins gesenkt und dürften ihre Geldpolitik bald erneut lockern. „In den letzten Tagen und Wochen gab es zahlreiche EZB-Kommentare, die vermuten lassen, dass die Leitzinsen auf der nächsten Ratssitzung in der kommenden Woche erneut gesenkt werden“, sagte Helaba-Experte Ulrich Wortberg.
„Größtes Sorgenkind nicht Inflation – sondern Stagnation“
Die wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland und im Euroraum blieben eingetrübt und die Risiken für die Konjunktur seien infolge der drastischen und erratischen Zollpolitik des US-Präsidenten hoch, sagte die Geldpolitik-Expertin des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Silke Tober. „Mit dem Ziel die Binnennachfrage zu stärken, sollte die EZB daher die Geldpolitik zeitnah weiter lockern.“
Die Inflation sei allerdings schon länger nicht mehr „das größte Sorgenkind in der ökonomischen Bilanz des Landes, sondern die anhaltende Stagnation“, erklärte der Finanzexperte des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Friedrich Heinemann, zur mauen Konjunktur. Hier sei zu hoffen, dass die von der Bundesregierung eingeleitete Wachstumspolitik eine Wende bringe. „Für die Geldwertstabilität kommt die eigentliche Bewährungsprobe dann, wenn die schuldenfinanzierten Milliarden-Investitionsprogramme auf die Straße kommen“, betonte Heinemann. „Erst wenn die Inflation auch bei akzeptabler Wachstumsrate nicht wieder auf Klettertour geht, ist die echte Rückkehr zur Preisstabilität wirklich gelungen.“