Exporte und Produktion fallen auch 2024 - "Aussichten nicht rosig"
Exporte runter, Produktion ebenso: Die krisengeschüttelte deutsche Industrie hat im vergangenen Jahr erneut Rückschläge erlitten. Die Warenausfuhren fielen 2024 um 1,0 Prozent auf rund 1560 Milliarden Euro und damit das zweite Mal in Folge. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 4,5 Prozent weniger her als 2023, weil vor allem die Produktion der Maschinen- und Autobauer schrumpfte. Die Wirtschaft macht für das schwache Abschneiden neben einer schlechten Auftragslage vor allem hohe Kosten und überbordende Bürokratie verantwortlich, die an der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nagten.
„Insgesamt hat sich der Abwärtstrend in der Industrie, der in einer ehrlichen Betrachtung schon seit 2018 anhält, ungebremst fortgesetzt“, sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. Ein Ende der Abwärtsspirale zeichnet sich noch nicht ab. So fiel die Produktion der deutschen Unternehmen im Dezember um 2,4 Prozent geringer aus als im Vormonat und sank damit „auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020“, so das Statistikamt. Damals sorgte die Corona-Pandemie für Einbrüche. Allerdings: Wegen der wechselnden Lage der Weihnachtsfeiertage schwankt die Produktion im Dezember meist stark. „Zum Jahresende ist noch keine konjunkturelle Erholung in der Industrie erkennbar“, betonte das Bundeswirtschaftsministerium dennoch.
„2025 weitere Rückschläge zu erwarten“
Immerhin: Die Exporte wuchsen im Dezember überraschend, weil die Nachfrage aus der Europäischen Union und China anzog. Die Ausfuhren legten um 2,9 Prozent zum Vormonat zu. Ökonomen hatten hingegen einen Rückgang von 0,6 Prozent erwartet. „Die positiveren Zahlen zum Jahresende können die insgesamt negative deutsche Exportbilanz nur etwas aufpolieren“, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. „Auch 2025 sind weitere Rückschläge zu erwarten.“ Er verwies auf die aktuelle DIHK-Konjunkturumfrage, wonach die Mehrheit der Unternehmen mit sinkenden Exporten rechnet.
Gegenwind droht aus den USA, dem wichtigsten Abnehmer von Waren „Made in Germany“. Der neue US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf hohe Zölle auch auf Importe aus der Europäischen Union signalisiert und dies nach seinem Einzug ins Weiße Haus bekräftigt. „Die Aussichten für die deutsche Industrie sind alles andere als rosig“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Das liegt nicht nur an den potenziellen Folgen für die deutschen Exporteure durch hohe US-Zölle – „sondern vor allem an den Auswirkungen auf die deutschen Investitionen, wenn Unternehmen ihre Produktion in die USA verlagern“, fügte Brzeski hinzu.
EZB-Zinssenkungen verpuffen
Wie es für die Wirtschaft weitergeht, hängt nicht zuletzt von den Weichenstellungen durch die künftige Bundesregierung ab. „Eine echte Erholung erfordert einen Neustart in der Wirtschaftspolitik, der sich allerdings noch nicht abzeichnet“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Deshalb würden auch die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) verpuffen. Sie hat ihren Leitzins zuletzt fünfmal in Folge gesenkt – auch aktuell 2,75 Prozent. Die tiefe Strukturkrise der Industrie neutralisiere die positiven Effekte der EZB-Zinssenkungen weitgehend, sagte Krämer. Er rechnet deshalb für das laufende Jahr nur mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 0,2 Prozent. Immerhin: Es wäre das erste Plus nach zuvor zwei Rezessionsjahren in Folge.
Gesunken sind 2024 auch die Importe: Diese fielen um 2,8 Prozent auf 1318,5 Milliarden Euro und damit ebenfalls zum zweiten Mal hintereinander. Experten erklären das vor allem mit der schwachen Binnenkonjunktur. In der Handelsbilanz ergibt sich daraus ein Überschuss von 241,2 Milliarden Euro. Deutschland exportierte damit auch im Krisenjahr 2024 weit mehr als es importierte.