Börsianer sehen schwarz für Konjunktur - "Ausblick bricht ein"
Die Erwartungen von Börsenprofis für die deutsche Konjunktur sind im August so stark eingebrochen wie seit zwei Jahren nicht mehr. Das Barometer für die Aussichten in den kommenden sechs Monaten sank wegen wachsender Sorgen um die Weltwirtschaft um 22,6 Punkte auf 19,2 Zähler. Das ist der schlechteste Wert seit Jahresbeginn, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am 13. August zu seiner Umfrage unter 152 Analystinnen und Analysten mitteilte. Das kommt überraschend: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 32 Punkte gerechnet. Das ZEW-Barometer für die aktuelle Lage gab ebenfalls nach, und zwar um 8,4 Punkte auf minus 77,3 Zähler.
„Der wirtschaftliche Ausblick für Deutschland bricht ein“, kommentierte ZEW-Chef Achim Wambach die Entwicklung. „In der aktuellen Umfrage beobachten wir den stärksten Rückgang der Konjunkturerwartungen in den vergangenen zwei Jahren.“ Die Aussichten für den Euroraum, die USA und China würden ebenfalls deutlich nachgeben. „Dadurch fallen bei den deutschen Branchen insbesondere die Erwartungen der exportintensiven Sektoren“, sagte Wambach. Das lasse vermuten, dass die Konjunkturaussichten weiter unter dem Eindruck hoher Unsicherheit stehen – getrieben durch eine unklare Geldpolitik, enttäuschende Geschäftszahlen aus der US-Wirtschaft und wachsende Sorgen über eine Eskalation des Nahost-Konflikts. „Diese Unsicherheit äußerte sich zuletzt auch in den Kurseinbrüchen auf den internationalen Aktienmärkten“, sagte der ZEW-Präsident.
„Sorgenfalten immer größer“
Ökonomen rechnen nicht mit einem baldigen Aufschwung in Europas größer Volkswirtschaft. „Die Reihe schwach ausfallender Stimmungsindikatoren wird immer länger und die Sorgenfalten um die deutsche Wirtschaft werden immer größer“, sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Umfrage bekräftige, „dass die deutsche Wirtschaft nicht richtig auf die Beine kommt“, pflichtete der Deutschland-Chefvolkswirt von Deutsche Bank Research, Robin Winkler, bei.
Die deutsche Wirtschaft steckt aktuell mit einem Bein in der Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im zweiten Quartal um 0,1 Prozent, nachdem es in den ersten drei Monaten des Jahres noch zu einem Wachstum von 0,2 Prozent gereicht hatte. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer technischen Rezession gesprochen. „Nach der annähernden wirtschaftlichen Stagnation im Frühjahrsquartal wird die deutsche Konjunktur wohl auch im Sommer weitgehend auf der Stelle treten“, sagte Ökonom Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen blieben ungünstig, sagte auch Ökonom Hepperle. „Eine nennenswerte Konjunkturerholung im dritten Quartal bleibt ein unerfüllter Wunsch.“