Vorhandene Potenziale jetzt nutzen
Ohne Prozessmanagement geht nichts mehr. Aber wie wird ein nachhaltiges Prozessmanagement in einer Regionalbank entwickelt? Werden die Ziele des Prozessmanagements aktuell erreicht? Wie läuft es aktuell im Controlling und bei der Automatisierung? Und ist ein Prozessmanagement noch nötig, wenn die Prozesse zentral durch den IT-Dienstleister zur Verfügung gestellt werden? Eine Studie gibt Antworten.
Beinahe jedes teilnehmende Institut – unabhängig von der Bilanzsumme – hat Prozessmanagement auf der Agenda. So stufen über 90 Prozent der befragten Sparkassen und Genossenschaftsbanken Prozessmanagement als wichtig bis sehr wichtig ein. Was sich im Vergleich zur ersten zeb-Prozessmanagementstudie aus dem Jahr 2019, bei der Regionalbanken im Fokus standen, jedoch verändert hat: Damals beschäftigten sich die Regionalbanker primär mit der Frage nach der richtigen Implementierung und Governance, inzwischen ist Prozessmanagement meist bereits ein wichtiger Bestandteil der Organisation. Die aktuellen Herausforderungen beziehen sich auf die Weiterentwicklung und nachhaltige Wirkung im Unternehmen. Einsparung von Kosten, Prozessstandardisierung und -digitalisierung gehören dabei zu den Topzielen. Aber: Alle drei Ziele konnten bislang nicht zufriedenstellend erreicht werden, wenngleich sich die Zielerreichung im Vergleich zu 2019 verbessert hat.
Organisatorische Verortung erfolgskritisch
Die Studie zeigt, dass es aufgrund der zunehmend komplexeren prozessualen Themenstellungen einen erheblichen Unterschied macht, wo das Prozessmanagement in der Genossenschaftsbank organisatorisch angesiedelt ist. So verzeichnen Institute, die das Prozessmanagement in einer eigenen Abteilung zusammengefasst haben, deutlich bessere Ergebnisse hinsichtlich der Zielerfüllung als jene, die es in der Organisation verantworten lassen (siehe Abbildung 1).
Der gestellte Anspruch und die Vielfalt der Themen eines Prozessmanagements benötigten Ressourcen und Professionalisierung, um wirksam arbeiten zu können. Das bestätigt auch die zunehmende Rollenetablierung. Vor allem die Rolle des Prozessmanagers ist im Vergleich zu 2019 mittlerweile deutlich etabliert (80 Prozent in der aktuellen Studie, 57 Prozent in 2019). Die Hälfte der Institute besitzt Prozessteams. Prozessteams bestehen idealerweise aus drei Personen:
- Einem Prozessorganisator, um sowohl die technischen als auch methodischen Kompetenzen im Prozessteam zu sichern.
- Einem Prozessverantwortlichen Markt, um den Kundenanspruch und -fokus während der Prozessoptimierung zu beachten.
- Einem Prozessverantwortlichen Marktfolge, um die fachlichen und regulatorischen Anforderungen im Prozess sicherzustellen.
Durch diese Aufstellung soll insbesondere die Praxisnähe bei Prozessanpassungen sichergestellt werden.
Die Verteilung von festen Rollen trägt dazu bei, ein Verantwortlichkeitsgefühl zu schaffen und feste Ansprechpartner zu etablieren. Jedoch müssen diesen Rollen auch hinreichende Kompetenzen überlassen werden. In jedem zweiten Institut entscheidet noch die jeweilige Führungskraft abschließend über Prozessänderungen. Die Studie zeigt, dass Genossenschaftsbanken, die Entscheidungskompetenzen auf die Rollen im Prozessmanagement übertragen, deutlich bessere Ergebnisse bei der Zielerreichung vorweisen. Das liegt insbesondere daran, dass die Entscheidungs- und Umsetzungswege verkürzt und Optimierungen effizienter umgesetzt werden, da genau die Praktiker, die die Problemstellungen kennen und operativ erfahren, von Konzeption bis Umsetzung in der Verantwortung stehen.
Prozessmanagement bleibt relevant
In vielen Projekten zum Prozessmanagement kommt häufig die Frage auf, ob Prozessmanagement nur ein vorübergehendes Vehikel ist. Die Antwort der Studienteilnehmenden unterstützt die übliche Antwort der Beraterinnen und Berater: Über 90 Prozent sind der Meinung, dass ein Prozessmanagement durch die zentrale Bereitstellung der Prozesse nicht ausstirbt. Es wird weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, nur verändern sich die Anforderungen.
Die bereits vorhandenen Standardprozesse des IT-Dienstleisters (im Outsourcing-Modell) werden dabei nur selten genutzt. So gaben 9 Prozent der Teilnehmenden an, Standardprozesse im Aktivgeschäft zu verwenden. Standardprozesse im Passivgeschäft sind mit 21 Prozent etwas breiter vertreten, bleiben insgesamt aber ebenfalls die Ausnahme. Bei den Sparkassen zeigt sich genau das umgekehrte Bild: Beinahe jede Sparkasse nutzt die vom Rechenzentrum zentral bereitgestellten Prozesse.
Wie die künftige Entwicklung des Prozessmanagements konkret aussieht, können die meisten Institute heute noch nicht vorhersagen. So geben sechs von zehn Befragten an, dass sie keine klare Vorstellung davon haben, wie die Geschäftsprozesse der Zukunft in ihrem Institut aussehen werden.
Unabhängig davon, wie Geschäftsprozesse zukünftig aufgebaut und gestaltet werden, benötigen sie eine laufende Optimierung im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP). Anpassungen von Produkten, neue regulatorische Anforderungen, andere Kundenbedürfnisse sowie der Wandel der technischen Rahmenbedingungen führen laufend zu Anpassungsbedarf in den Prozessen. Obwohl eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse für alle Institute wichtig ist, überprüfen nur 30 Prozent ihre Prozesse jährlich. Die Einführung von Prozessteams führt durch die dezentrale Verteilung der Aufgaben zu einer Verbesserung bei der kontinuierlichen Optimierung. Mit einem entsprechenden Standardvorgehensmodell und der passenden Methodik können Prozessoptimierung, -landkarte, -visualisierung und kontinuierliche Verbesserung unkompliziert harmonisiert werden.
Ergebnisse bleiben unbeobachtet
91 Prozent der befragten Institute schätzen den Einsatz eines Prozesscontrollings als wichtig bis sehr wichtig ein. Umso erstaunlicher dabei ist jedoch, dass lediglich 28 Prozent ein aktives Prozesscontrolling im Einsatz haben. Die Institute arbeiten zwar aktiv an den Prozessen und deren Optimierung, erhalten allerdings keinen Überblick, welche Wirkungen die Anpassungen oder welche Relevanz die Geschäftsprozesse wirklich haben. Prozessmanagement hat immer etwas mit Veränderung zu tun – und Veränderungsinitiativen benötigen Ergebnistransparenz.
Doch was sind die Gründe für den Verzicht auf diese Ergebnistransparenz? Jedes zweite Institut gibt an, dass es an technischen Auswertungsmöglichkeiten oder einem zu hohen Umsetzungsaufwand liegt. Dabei liefert das Kernbankensystem bei Genossenschaftsbanken standardmäßig bereits umfangreiche Informationen durch vorhandene Reportingmöglichkeiten. Diese Informationen können in ein Prozess-controlling-Cockpit übertragen und automatisiert ausgewertet werden. Die Einführung eines solchen Tools ist mit überschaubarem Ressourceneinsatz verbunden und laufende Auswertungen können weitestgehend automatisiert werden.
Institute, die bereits aktiv mit einem Prozesscontrolling arbeiten, nutzen die Ergebnisse vor allem für die Ableitung von Maßnahmen für die Prozessoptimierung. Die Hälfte der befragten Institute diskutiert die Ergebnisse aus dem Prozesscontrolling in Teambesprechungen. Die wenigsten nutzen die Daten für die Kapazitätssteuerung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder den Fortschrittsabgleich der Strategie. Fazit: Die vorhandenen Potenziale im Prozesscontrolling bleiben aktuell noch ungenutzt.
Keine Zukunftsmusik: RPA und KI
Über die Hälfte der teilnehmenden Genossenschaftsbanken (53 Prozent) haben bereits Robotic Process Automation (RPA) im Einsatz, 6 Prozent kombinieren sogar RPA und Künstliche Intelligenz (KI). Die Banken haben erkannt, dass intelligente Automatisierung neben den Effizienz- und Qualitätsgewinnen auch ein Ausweg aus dem Fachkräftemangel sein kann.
Genossenschaftsbanken haben intelligente Automatisierung in den Bereichen Marktfolge Aktiv (89 Prozent), Marktfolge Passiv (79 Prozent) und Markt (74 Prozent) im Einsatz. Fast zwei Drittel (65 Prozent) nutzen mehr als zehn automatisierte Prozesse und befinden sich damit bereits in der Phase der Professionalisierung. Nach der Pilotierung bedarf es schnellen Wachstums für die Entfaltung der Potenziale und der Etablierung der neuen Werkzeuge im Institut. Wird kein allzu großes Augenmerk auf die Weiterentwicklung (sowohl technisch, organisatorisch und kommunikativ) gelegt, droht der schnelle Untergang der neu eingeführten Technik. Insbesondere im Kreditgeschäft bestehen umfangreiche Anwendungsfälle für intelligente Automatisierung, die keine Zukunftsmusik mehr sind.
Genossenschaftsbanken, die bisher keine intelligente Automatisierung nutzen, begründen dies vor allem damit, lieber auf Lösungen des IT-Dienstleisters zu warten (79 Prozent), oder mit den fehlenden personellen Ressourcen in der Bank (71 Prozent). Klar ist, dass die potenziellen Prozesseffizienzen und Wettbewerbsvorteile durch RPA mit Investitionen und Ressourceneinsatz verbunden sind. Die realisierbaren Potenziale hängen von Bankengröße, Prozesslandschaft, Mengengerüsten und Geschäftsmodell ab und sind daher bankenindividuell zu eruieren. Eine entsprechende Vorstudie sollte jede Bank durchführen.
Ohne Unterstützung des (Top-)Managements geht es nicht
Unabhängig davon, wie gut das Prozessmanagement organisatorisch aufgebaut ist oder wie korrekt die Prozesse in der Technik administriert sind, hängt die Wirkung einer Prozessoptimierung wie bei vielen Veränderungsinitiativen an den Menschen. Arbeitsabläufe werden (disruptiv) verändert, Kompetenzen werden an Mitarbeitende übertragen und Führungskräfte geben die Prozessverantwortlichkeit zunehmend ab. Im Zuge dieser Änderungen spricht man immer wieder von einer Prozesskultur – diese entsteht jedoch nicht über Nacht. Es braucht Kommunikation und Partizipationsmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Erst wenn die Vorteile eines Prozessmanagements nachvollzogen werden, können Erfolge nachhaltig erzielt werden. Eine flächendeckende Prozesskultur ist nur bei den wenigsten Genossenschaftsbanken vorhanden: Bei 80 Prozent der befragten Institute sind je nach Abteilung nur vereinzelt Mitarbeitende im Thema.
Eine Unternehmenskultur, die Veränderungen fördert, ist daher für 83 Prozent der Befragten ein wichtiger Erfolgsfaktor für ein erfolgreiches Prozessmanagement. Erschreckend dabei ist die Zielerreichung: Nur 15 Prozent geben an, dass eine solche Unternehmenskultur in ihrem Institut vorhanden ist. Nur noch ein Thema ist wichtiger: Unterstützung durch Vorstand und Führungskräfte. Der Aufbau und die laufende Arbeit eines Prozessmanagements bedeuten Veränderung. Daher müssen Kompetenzen, Rollen, Verantwortungen, Ziele und Restriktionen von Anfang an klar mit Vorständen und Führungskräften verabschiedet und nachhaltig vertreten werden (siehe Abbildung 2).
Rahmen ist geschaffen – jetzt kommt die Umsetzung
Prozessmanagement bleibt auch in der Zukunft ein wichtiges Thema. Da sind sich die Befragten einig. Inzwischen hat so gut wie jedes Institut ein Prozessmanagement aktiv im Einsatz. Genossenschaftsbanken wissen, was sie mit dem Prozessmanagement bewegen wollen, die Erreichung der Ziele steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Für die Weiterentwicklung des Prozessmanagements und der Realisierung von Wettbewerbsvorteilen braucht es einen gezielten Ausbauplan mit Entwicklungsstufen und eine gefestigte Prozess-Governance.

