- Sanierung eingeleitet. Rückkehr zur Solidität
- Förderauftrag und regionale Verantwortung künftig im Fokus
- Dank an Mitarbeitende
Am 11. Juni 2024 fand die ordentliche Generalversammlung der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG statt. Rund 700 Mitglieder nahmen persönlich an der Veranstaltung in der Werner-Seelenbinder-Halle in Bad Salzungen teil und übten für zahlreiche weitere Mitglieder Vollmachten aus.
Der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingesetzte Sonderbeauftragte mit der Funktion eines Aufsichtsrats, Dirk Auerbach, erläuterte zu Beginn der Versammlung, dass der im März von den Mitgliedern gewählte Aufsichtsrat bislang noch nicht von der BaFin bestätigt wurde. Der Prozess stünde demnächst vor dem Abschluss, so dass nach Auerbachs Einschätzung die Konstituierung des gewählten Aufsichtsrats in naher Zukunft erfolgen werde. Bis dahin würde er als Sonderbeauftragter weiterhin die satzungsmäßigen Aufgaben des Aufsichtsrats wahrnehmen.
Vorstand Harald Kothe präsentierte den Jahresabschluss 2022. In diesem Jahr stiegen sämtliche relevanten Bilanzpositionen gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt ist die Bilanzsumme der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden von rund 1,52 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 1,76 Milliarden Euro in 2022 angestiegen. Kothe stellte heraus, dass das Wachstum der Bilanzsumme insbesondere durch Immobilienerwerb und die Zunahme des Kundenkreditgeschäfts begründet war. Finanziert wurden diese Käufe durch Kredite, wodurch die Verbindlichkeiten gegenüber anderen Banken erheblich anwuchsen.
Im Einzelnen wuchsen auf der Aktivseite sämtliche wesentlichen Bilanzpositionen: Das Kreditvolumen nahm von 701 Millionen Euro auf 759 Millionen Euro zu, die Sachanlagen von 265 Millionen Euro auf 386 Millionen Euro, die Beteiligungen an anderen Unternehmen von 34 Millionen Euro auf 46 Millionen Euro sowie die Eigenanlagen von 356 Millionen Euro auf 454 Millionen Euro. Harald Kothe machte deutlich, dass das Eigenkapital nicht vollumfänglich zur Risikodeckung geeignet sei, da angesichts einer Mitgliederstruktur mit einem hohen Prozentsatz von reinen Kapitalanlegern das Risiko hoch ist, dass Eigenmittel abgezogen werden.
Auch die Eckpunkte der Passivseite der Bilanz wuchsen im Vorjahresvergleich: Kundeneinlagen nahmen in 2022 von etwa 1 Milliarde Euro auf rund 1,1 Milliarden Euro zu, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von 286 Millionen Euro auf 440 Millionen Euro und Eigenmittel von 195 Millionen Euro auf 209 Millionen Euro. Dabei war der Eigenmittelanstieg geprägt durch eine Zunahme von Nachrangdarlehen und Geschäftsguthaben.
Anschließend stellte Vorstand Kothe die Gewinn- und Verlustrechnung 2022 vor. Das Zinsergebnis sank im Berichtsjahr um mehr als zwei Millionen Euro (von 20,9 Millionen Euro in 2021 auf 18,7 Millionen Euro in 2022). Ursächlich für diese Entwicklung war unter anderem der Anstieg des Zinsaufwandes für die Refinanzierungsdarlehen in Folge des Krieges gegen die Ukraine und die damit verbundene Zinswende.
Das Provisionsergebnis stieg von 12,7 Millionen Euro auf 13,3 Millionen Euro. Kothe betonte, dass diese positive Entwicklung Ergebnis des besonderen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei, für das er sich im Namen der gesamten Geschäftsführung bedankte.
Deutlich nahmen die Verwaltungsaufwendungen zu. Sie stiegen von 33,7 Millionen Euro auf 37,1 Millionen Euro, vor allem wegen eines mangelnden Kostenmanagements und deutlich gewachsener Beratungskosten angesichts der erheblichen Komplexität des Geschäftsmodels. Sonderprüfungen der Bankenaufsicht haben nur einen geringen Teil der Kosten ausgemacht.
Die Abschreibungen stiegen von 10,2 Millionen Euro auf 11,7 Millionen Euro, das Bewertungsergebnis wuchs insgesamt von -0,3 Millionen Euro in 2021 auf 0,9 Millionen Euro in 2022.
Nachdem in 2021 das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit noch 14 Millionen Euro aufwies, waren es in 2022 -0,2 Millionen Euro. Abzüglich Steuern entstand so in 2021 noch ein Jahresüberschuss in Höhe von 6,4 Millionen Euro, während in 2022 ein Jahresfehlbetrag von -0,5 Millionen Euro entstand. Keines der Geschäftsfelder der Bank sei auskömmlich und der Jahresfehlbetrag wäre ohne die Garantien, die die Bank im Rahmen des Sanierungsvertrages mit dem BVR erhalten hat, im dreistelligen Bereich.
Ursächlich für den Ergebniseinbruch in 2022 war, dass die noch in 2021 erzielten Sondererträge durch Immobilienverkäufe in 2022 nicht mehr erzielt werden konnten.
Hinsichtlich der Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 prognostizierte Kothe eine rückläufige Bilanzsumme trotz einer Zunahme des Immobilienbesitzes. Diese Käufe sind durch Kredite refinanziert worden, so dass auch die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten weiter zugenommen haben. Die Kundeneinlagen haben sich negativ entwickelt.
Das Geschäftsjahr 2024 werde von einem deutlichen Abbau der der Bilanz geprägt sein, um ein Gleichgewicht von Risiko und Eigenmitteln zu erreichen.
Hier setzte Vorständin Stefanie Herrmann ein, die über das in den Jahren 2022 und 2023 Erreichte informierte und auch den Arbeitsplan für 2024 schilderte. So sei die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden in ihrem Kerngeschäft dem Förderauftrag für die Region nachgekommen. Die Mitarbeitenden engagieren sich mit Leidenschaft, Kompetenz und einem hohen Verantwortungsbewusstsein für die Menschen und die Region. Um hier der zunehmenden Komplexität in der Finanzwirtschaft gerecht zu werden, investiert die Bank intensiv in die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gleichzeitig bietet die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden für ihre Kunden Informationsangebote zu Finanzthemen an.
Mehr als 130.000 Euro sind in 2023 an gemeinnützige Vereine gespendet worden. Der Thüringentag, der 2023 in Schmalkalden stattgefunden hatte, ist finanziell und mit viel Tatkraft der Mitarbeitenden unterstützt worden.
Intensiv engagiert sich die Bank für die Vernetzung ihrer Firmenkunden in Thüringen und Nordhessen, wo sie regelmäßig Unternehmerfrühstücke veranstaltet.
Um eine sichere Bargeldversorgung zu gewährleisten, hat die Bank eine Bargeldkooperation mit der Wartburgsparkasse und dem Einzelhandel ins Leben gerufen. Zur besseren Erreichbarkeit und schnelleren Erledigung von Kundenaufträgen wurden an drei verschiedenen Standorten Kundenservicecenter aufgebaut.
Auch die im Jahr 2021 beschlossene Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Borken in Nordhessen ist seitdem erfolgreich operativ umgesetzt worden.
Große Fortschritte, so Herrmann, hat die Bank beim Zukunftsthema Nachhaltigkeit erreicht. Beispiele sind die Entwicklung zu papierlosen Filialen und ressourcenschonendem Bankgeschäft, die Umstellung des Fuhrparks auf hybride und reine Elektromobilität sowie Investitionen in umfassende Energiesparmaßnahmen. Dabei wird der Nachhaltigkeitsfortschritt durch ein regelmäßiges Energieaudit gemessen.
Auf Kundenseite werden nachhaltige Finanzinstrumente und Geldanlagen angeboten sowie bei der Finanzierungsberatung die Fördermöglichkeiten von Land und Bund einbezogen.
Mit Blick auf das künftige Geschäftsmodell betonte die Vorständin, dass die VR-Bank wieder den Schwerpunkt auf das klassische Geschäftsmodell einer regionalen Genossenschaftsbank setzen, in dem die Mitgliederförderung im Vordergrund stehen wird. „Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG wird eine werte- und erfolgsorientierte Qualitätsstrategie verfolgen“, so Herrmann.
Hierzu gehören neben der konsequenten Beachtung der beschriebenen Nachhaltigkeitsaspekte effiziente Prozesse, eine kundengerechte Digitalstrategie und die Steigerung der Attraktivität der Bank für junge Kundengruppen. Insbesondere die in engem Zusammenhang stehenden Themen „Wohnen“ und „Energie“ werden im Privatkundengeschäft eine Kernkompetenz der Bank bilden.
Selbstverständlich wird die Bank weiterhin ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für die Region gerecht werden, soweit es die wirtschaftlichen Verhältnisse zulassen.
Der Sonderbeauftragte mit Geschäftsleiterfunktion, Christian Gervais, schilderte den Mitgliedern die Arbeiten im Rahmen der Sanierung der Bank. Grundlage hierfür ist der am 22. März mit dem Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) abgeschlossene Sanierungsvertrag. Er umfasst Garantien von insgesamt rund 280 Millionen Euro. Sie sichern die Risiken insbesondere im Immobilen- und Kreditgeschäft ab, so dass weitere, die Bilanz belastende Wertberichtigungen vermieden werden konnten. Erst so wurde der Weiterbetrieb der Bank möglich. Seine Garantien stellt der BVR der Bank unentgeltlich zur Verfügung.
Vorrangige Aufgabe ist nun, so Gervais, die Erstellung eines Sanierungskonzeptes bis zum 30. September 2024 mit dem Ziel, die Genossenschaft wieder auf solide Basis zu stellen.
Dabei werden Risiken zur Entlastung der Bank abgebaut. Erster Stichtag ist dabei der 30. Juni 2024. Geplant ist zum Beispiel die Reduktion von Kreditrisiken durch den Verkauf gekündigter Kredite an die BAG Hamm, einem Spezialdienstleister der genossenschaftlichen Finanzgruppe.
Solange der Sanierungsvertrag gilt, besteht eine erhöhte Informationspflichten gegenüber dem BVR beispielsweise durch ein Teilnahme- und Rederecht bei Sitzungen von Vorstand oder Aufsichtsrat. Zudem hat der BVR Mitbestimmungsrechte bei Maßnahmen von besonderer Tragweite wie der Besetzung des Vorstands oder Veränderungen bei Beteiligungen. Teil des Sanierungsvertrages sind auch Regressprüfungen, bei denen geprüft wird, inwieweit Dritte schadensersatzpflichtig sind.
Gervais informierte, dass angestrebt wird, den Jahresabschluss 2023 noch in diesem Jahr zu erstellen und im Dezember 2024 der Generalversammlung vorzustellen.
Im weiteren Verlauf stellte die Generalversammlung den Jahresabschluss 2022 fest und beschloss umfassende, vor allem technische Satzungsänderungen.
Zahlreiche Wortmeldungen der Mitglieder bezogen sich auf die im Rahmen der Prüfung offenbarten Defizite in der Geschäftsführung durch den damaligen Vorstand und die Versäumnisse des bis Ende 2023 amtierenden Aufsichtsrat: Keine angemessene Planungs- und Steuerungsüberwachung, kein ordnungsmäßiges Risikomanagement, keine ordnungsmäßige interne Revision und ein eingeschränktes Testat. So wurde unter anderem auch die Frage nach der Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten und des Regresses vor dem Hintergrund des festgestellten Stützungsbedarf von rund 280 Millionen gestellt. „Um es klar zu sagen: Selbst das eingeschränkte Testat und damit die Fortführung des Geschäftsbetriebes unserer Bank wäre ohne die Garantien des BVR nicht erteilt worden. Nun heißt es „Ärmel hochkrempeln“ und die Versäumnisse beseitigen“, resümierte Stefanie Hermann am Rande der Versammlung.