Firmen kündigen Investitionen von 631 Milliarden Euro an
Vor einem Treffen mit Spitzenvertretern der deutschen Wirtschaft im Kanzleramt haben 61 Firmen die Gründung einer Initiative „Made for Germany“ bekanntgegeben. Die Mitglieder würden gemeinsam bis 2028 631 Milliarden Euro am Standort Deutschland investieren, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Mitteilung. Dabei war zunächst nicht klar, wie viel davon neue Zusagen sind. Diese Summe umfasse sowohl bereits geplante als auch neue Kapitalinvestitionen, Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie Zusagen internationaler Investoren, heißt es in der Mitteilung. „Ein dreistelliger Milliardenbetrag und damit ein signifikanter Anteil der Gesamtsumme entfällt auf Neuinvestitionen.“ Ziel sei es, mit der Initiative ein starkes positives Signal zu setzen, dass Deutschland ein attraktiver Investitionsstandort sei.
„Das ist ein ganz wuchtiges Signal, nicht nur an die eigene Bevölkerung, sondern auch an ausländische Investoren“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius. Er wies Kritik an der Zusammensetzung der Gruppe sowie den Äußerungen der Firmen zurück. In Teilnehmerkreisen hieß es, die Summe von 631 Milliarden Euro sei deutlich höher als zunächst von den Unternehmen avisiert.
Am Mittag begann im Kanzleramt ein Treffen etlicher Chefs großer Konzerne mit Bundeskanzler Friedrich Merz, Vizekanzler Lars Klingbeil und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche. Merz hatte bereits am vergangenen Dienstag die Chefs internationaler Finanzfirmen und -fonds empfangen und danach von einem hohen Interesse am Standort Deutschland gesprochen.
Ökonomen äußerten sich mit gemischten Einschätzungen über die Substanz der Initiative. So sieht Ifo-Präsident Clemens Fuest die angekündigten Investitionen deutscher Firmen als Schritt in die richtige Richtung. Er warnt aber vor zu viel Euphorie und einem Strohfeuer. „Das ist ein guter Anschub für die Wirtschaft“, sagte der Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts am Montag im rbb-Inforadio mit Blick auf staatliche Investitionsanreize und Ausgabenpläne der Wirtschaft. Die Frage sei, ob dies wirklich nachhaltig sei. „Ist das jetzt nur ein Strohfeuer, das mit Staatsschulden finanziert wird, oder kommen da wirklich dauerhaft mehr Investitionen?“ Die Ankündigungen der Großunternehmen seien „erst mal Werbung“. Regierungssprecher Kornelius wies dies zurück: „Das ist keine PR-Aktion, sondern es ist eine konzertierte Aktion, wo Regierung und Industrie zeigen, dass in diesem Land Investitionen möglich sind.“
Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Leiter der Konjunkturforschung im Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), kritisierte, dass nur große Konzerne im Kanzleramt vertreten sind. „Zentral ist, dass der Staat den Impuls mitnimmt und sich weiter auf den Weg macht, die Standortqualität für Investitionen zu verbessern. Und vor allem auch gerade für Unternehmen, die nicht mit am Tisch sitzen“, sagte er dem Radio-Sender Bayern 2. „Natürlich geht es aus Sicht der Unternehmen um sehr viele Aufträge, die demnächst der Staat aushändigen wird angesichts der neuen Kreditmöglichkeiten.“ Für den Standort Deutschland seien aber die vielen kleinen und mittleren Unternehmen wichtig, die nicht am Tisch säßen. Regierungssprecher Kornelius verwies darauf, dass der Kanzler mit Mittelstand und Handwerk ständig im Austausch stehe. Im Übrigen deckten sich die Ziele der Wirtschaft und der Regierung, die etwa eine Vereinfachung von Planungsverfahren sowie die Erleichterung von Investitionen im Zentrum ihrer Koalitionsvereinbarung verankert habe. Er sehe nichts Verwerfliches darin, wenn die Industrie, die für Millionen von Arbeitsplätzen sorge, der Regierung sage, was sie brauche.
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Sepp Müller sagte zu Reuters, dass der sogenannte Investitionsbooster wirke. Die Unternehmen würden neues Vertrauen gewinnen. „Auch die Investitionsentscheidung des Chipherstellers FMC in Sachsen-Anhalt zeigt die positive Entwicklung“, sagte er zu der Entscheidung des Dresdner Unternehmens, in Magdeburg eine neue Chipfabrik bauen zu wollen. FMC entwickelt nach eigenen Angaben Speicherzellen, die den Energiebedarf von KI-Rechenzentren reduzieren. „Jetzt müssen wir die Energiepreise weiter senken, um diesen Aufschwung zu verstärken und Investitionen in unser Land noch attraktiver zu machen“, sagte Müller.
Zu den Initiatoren gehören nach eigenen Angaben der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Christian Sewing, Siemens-Chef Roland Busch, der Vorstandsvorsitzende des Medienkonzerns Axel Springer, Mathias Döpfner, sowie Alexander Geiser, CEO der Finanz-PR-Agentur FGS Global. „Deutschland braucht ein neues Betriebssystem – ausgerichtet auf Wachstum, Technologie und Wettbewerbsfähigkeit“, erklärte Siemens-Chef Busch. Deutsche-Bank-Chef Sewing sprach mit Blick auf anstehende Beschlüsse der Regierung davon, dass Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen müssten. „Bei allen politischen Entscheidungen sollten wir darauf achten, dass sie Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit fördern“, forderte er. Öffentliche und private Mittel müssten bestmöglich kombiniert werden.
Zu den 61 Unternehmen, die der Initiative bisher beigetreten sind, gehören etwa auch die Allianz, Airbus, BMW, Deutsche Börse, Mercedes-Benz , Rheinmetall, SAP, Volkswagen, aber auch die US-Konzerne Nvidia, Blackrock und Blackstone.