Knot (EZB) gegen Vorfestlegung auf weiteren Weg nach dem Juni
Die EZB sollte sich aus Sicht des niederländischen Notenbankchefs Klaas Knot nicht vorab auf das weitere Vorgehen nach einer möglichen ersten Zinssenkung im Juni festlegen. Die Währungshüter müssten unter anderem jedes Quartal schauen, ob die Arbeitskosten im Euro-Raum wie vorhergesagt auch tatsächlich sinken, sagte Knot in einem am Montag veröffentlichten Interview der japanischen Zeitung „Nikkei“. „Ich bin zunehmend zuversichtlich, was den Disinflationsprozess angeht“, merkte er an. Aus Sicht von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos ist zwar noch einige Arbeit zu erledigen. „Nichtsdestotrotz bewegen wir uns in die richtige Richtung“, sagte er am Montag auf einer Veranstaltung in London.
Im März lag die Teuerung im Euroraum nur noch bei 2,4 Prozent – das EZB-Ziel von 2,0 Prozent Inflation ist damit in greifbare Nähe gerückt. Noch im Herbst 2022 hatte die Rate zeitweise bei über zehn Prozent gelegen. Für den weiteren Zinspfad nach dem Juni sind aus Sicht von Knot Fortschritte beim Rückgang der Arbeitskosten wichtig. Und diese müssten im Einklang mit den eigenen Prognosen stehen. „Solange das der Fall ist, können wir die Zinsen auch nach dem Juni weiter senken“, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB). „Aber für die Zeit nach Juni würde ich sagen: Keine Vorfestlegung auf einen bestimmten Zeitpfad.“ Nach dem Juni müsse die EZB eine vorsichtige Haltung einnehmen.
Die Entwicklung der Arbeitskosten und hierbei insbesondere das Lohnwachstum war zuletzt einer der wesentlichen Inflationstreiber in der 20-Länder-Gemeinschaft. Laut EZB-Direktorin Isabel Schnabel muss die EZB weiter beobachten, ob Unternehmen höhere Kosten über ihre Gewinnmargen auffangen können. Denn in ihren Prognosen habe die EZB angenommen, dass Firmen dies in beträchtlichem Umfang schaffen, hatte sie vergangene Woche gesagt. Die EZB befürchtet, dass Firmen stattdessen mit Preiserhöhungen reagieren. Denn das würde die Inflation erneut anheizen.
EZB-Vize weist auf Inflationsrisiken hin
Es sei zu früh, um irgendetwas über die Zinssitzungen nach dem Juni zu sagen, merkte Knot an. „Aber es ist klar, dass wir in jedem Quartal einen zusätzlichen Datenpunkt zum Arbeitsmarkt haben werden, der dann in eine neue Runde von Projektionen einfließt.“ Das seien dann wichtige Informationen, um die geldpolitische Linie zu bestimmen. Die EZB veröffentlicht vier Mal im Jahr – im März, im Juni, im September und im Dezember – zu ihren Zinssitzungen Konjunktur- und Inflationsprognosen ihrer Volkswirte. Die nächsten Zinsentscheide der EZB stehen am 6. Juni und dann am 18. Juli an.
Nach Einschätzung von de Guindos wird die Inflation im Euroraum in den nächsten Monaten um das aktuelle Niveau herum schwanken. Für den Rest des Jahres sei mit einer holprigen Entwicklung zu rechnen. „Wir gehen zwar davon aus, dass die Inflation im nächsten Jahr zu unserem Ziel von zwei Prozeht zurückkehren wird, doch sind diese Aussichten mit erheblichen Risiken behaftet“, führte er aus. Zu diesen zählte er die Entwicklung im Nahen Osten. Eine Eskalation der Spannungen in der Region könnte zu Handelsunterbrechungen führen, die Ölversorgung beeinträchtigen und so die Energiepreise und die Frachtkosten in die Höhe treiben, warnte er. Solche Risiken zu beobachten und ihre Auswirkungen auf die Rohstoffpreise sei hochgradig relevant für den Inflationsausblick.