BdB

EU muss nach Europawahl Kapitalmarktunion voranbringen

Berlin | 22.04.2024 | Reuters

Die deutschen Banken hoffen nach der Europawahl auf entscheidende Fortschritte hin zu einer stärkeren Verzahnung der Kapitalmärkte in der EU.

„Die Kapitalmarktunion ist so weit oben auf der europapolitischen Agenda wie seit Jahren nicht“, sagte der Präsident des Privatbankenverbandes BdB, Christian Sewing, am Montag. Zuletzt hatten sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder mit dem Thema beschäftigt. Diese Chance für die europäische Wirtschaft gelte es nun zu nutzen. „Das Thema darf nach den Europawahlen nicht wieder in den Hintergrund treten. Vielmehr setzen wir darauf, dass nun tatsächlich zwei Gänge höher geschaltet wird.“

Die zersplitterten Finanzmärkte in Europa mit sehr unterschiedlichen Regeln gelten als großer Wettbewerbsnachteil gegenüber Standorten in den USA oder Asien. Die EU redet seit vielen Jahren über das Thema. In der Praxis stehen einer Kapitalmarktunion aber weiter sehr unterschiedliche nationale Gesetze entgegen – unter anderem zu Insolvenzen, der Besteuerung von Kapitalgewinnen oder Börsengängen. Frankreich würde gerne mit einer kleinen Gruppe von EU-Staaten eine Kapitalmarktunion starten, Deutschland pocht eher auf einen breiteren Ansatz mit allen EU-Staaten. Beim jüngsten EU-Gipfel bekannten sich zwar alle Staats- und Regierungschefs der EU zum Ziel der Kapitalmarktunion. Allerdings betonten etliche kleine Staaten Vorbehalte gegen Elemente wie eine europäischen Finanzaufsicht oder eine Harmonisierung der Unternehmenssteuern.

Sewing forderte von der Ampel-Regierung zudem niedrigere Steuern und weniger Bürokratie. Das Wachstumschancengesetz mit zusätzlichen Abschreibungsmöglichkeiten sei gut. „Es darf aber nicht das letzte Wort gewesen sein. Wir brauchen mehr private Investitionen.“ Allein die Umstellung der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität koste pro Jahr rund 600 Milliarden Euro. Ohne einen gemeinsamen Kapitalmarkt sei dies kaum zu bewältigen. „Die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache: Europas Anteil an den globalen Kapitalmärkten hat zwischen 2006 und 2022 abgenommen, von 18 Prozent auf gerade einmal zehn Prozent.“

Zudem seien grundlegende Reformen der Politik nötig, ein politischer Konsens dazu aber nicht in Sicht, kritisierte Sewing, der auch Chef der Deutschen Bank ist. So brauche es ein Wachstum von zwei Prozent pro Jahr, damit das Rentensystem bezahlbar bleibe. Dies war aber zuletzt 2021 der Fall – als Reaktion auf den starken Wirtschaftseinbruch im Corona-Jahr 2020. Die Rente mit 63 passe nicht mehr in die Zeit, so Sewing. „Wir müssen wieder mehr und auch länger arbeiten, um unseren Wohlstand zu sichern.“

Die Bankenbranche bezeichnete Sewing als robust und stabil, weil stark kapitalisiert. „Wir erwarten nicht, dass die Situation bei Gewerbeimmobilien in den USA den europäischen oder deutschen Bankensektor in Schwierigkeiten bringen wird.“


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