Beschäftigten winkt 2024 kräftiges Lohnplus nach drei Jahren mit Kaufkraftverlust
Die Kaufkraft der Tarifbeschäftigten in Deutschland steigt einer Studie zufolge 2024 so stark wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Die realen Tariflöhne dürften um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen, geht aus den am Dienstag veröffentlichten Berechnungen des Tarifarchivs des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Darin sind die in den ersten sechs Monaten getätigten Neuabschlüsse und die in den Vorjahren für 2024 vereinbarten Erhöhungen eingeflossen. Demnach steigen die Tariflöhne in diesem Jahr nominal um durchschnittlich 5,6 Prozent. Angesichts eines deutlichen Rückgangs der Inflation auf durchschnittlich 2,4 Prozent im ersten Halbjahr ergibt sich hieraus laut dem WSI real die Lohnsteigerung von rund 3,1 Prozent.
Dies sei der mit Abstand höchste jährliche Reallohnzuwachs bei den Tariflöhnen seit über einem Jahrzehnt. Allerdings gingen dem auch drei Jahre mit Reallohnverlusten voraus. Die daraus resultierenden Kaufkraftverluste könnten mit den kräftigen Reallohnzuwächsen 2024 nur etwa zur Hälfte kompensiert werden, erläuterte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.
Nominal – also nicht inflationsbereinigt – liegt die Tariflohnentwicklung dieses Jahr den Angaben zufolge fast exakt auf dem Niveau des Vorjahres. Dabei fallen die Zuwächse der in den ersten sechs Monaten getätigten Neuabschlüsse mit einer Tariferhöhung von 7,6 Prozent noch einmal deutlich kräftiger aus. Dies liegt den WSI-Experten zufolge vor allem daran, dass es zu Abschlüssen in großen Tarifbranchen wie dem Bauhauptgewerbe, dem Einzelhandel und dem Groß- und Außenhandel kam, deren letzte Tariferhöhung bereits mehrere Jahre zurücklag.
Schub durch Inflationsausgleichsprämien
Eine wichtige Rolle spielen auch im laufenden Jahr sogenannte Inflationsausgleichsprämien, die in nahezu allen großen Tarifbranchen vereinbart wurden. Dabei handelt es sich um steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen. Sie ermöglichen Beschäftigten im Vergleich zu einer regulären Tariferhöhung einen höheren Nettolohn ermöglichen. Je nach Tarifbereich variieren die Zahlungen zwischen einigen 100 bis 3000 Euro.
Allerdings seien diese als Einmalzahlungen „durchaus ein zweischneidiges Schwert“, sagte Tarifexperte Schulten. „Auf der einen Seite haben sie kurzfristig geholfen, Kaufkraftverluste zu begrenzen und sorgen in diesem Jahr für besonders hohe Reallohnzuwächse. Schon jetzt ist allerdings auch absehbar, dass sich der Wegfall der Inflationsausgleichsprämien im Jahr 2025 stark dämpfend auf die Tariflohnentwicklung auswirken wird.“